Offener Brief
Sehr geehrter Herr Fischer,
mit Kopfschütteln und ungläubigem Staunen habe ich Ihr Interview in der FAZ vom 28.12.2017 gelesen.
Ich widerspreche Ihnen als Kreissprecher der AfD Frankfurt und langjähriger Anhänger von Eintracht Frankfurt in sämtlichen Äußerungen, die Sie in Bezug auf die AfD bzw. deren Wähler getätigt haben. Nichts davon ist richtig, nichts könnte falscher sein.
Ob es nun auf Böswilligkeit, Naivität oder ein eingeübtes Ritual zurückzuführen ist, daß Sie die AfD in einem Atemzug mit Nationalsozialismus und Auschwitz nennen, entzieht sich naturgemäß meiner Kenntnis. Im Grunde handelt es sich hierbei allerdings um eine Verharmlosung des Nationalsozialismus und somit eine Verhöhnung dessen Opfer. Sie sind aber beileibe nicht der erste, der sich dieses rhetorischen Kniffes bediente, das ist schon lange nicht mehr originell.
Im Einzelnen offenbart jeder Ihrer Sätze zu dieser Thematik ein erschreckendes Demokratieverständnis – genauer gesagt dessen Fehlen:
Sie sagen, daß Sie niemandem mehr in diesem Land trauen könnten, wenn „Nationalpopulisten“ (immerhin eine kreative Wortneuschöpfung, heißt sonst immer Rechtspopulisten, ich gratuliere!) 13 Prozent der Stimmen bekommen können. Sie stellen also das gesamte Wahlvolk unter einen Generalverdacht, weil 13 Prozent und damit fast 6 Millionen deutsche Wähler eine Partei wählen, die nicht ihrer politischen Meinung entspricht? Ein solch arrogantes Verhalten lässt zumindest auf eine extreme Geringschätzung des Souveräns unseres Staates, also des Volkes schließen.
Sie wollen auf der Mitgliederversammlung der Eintracht deutlich Stellung beziehen in der Art, daß AfD zu wählen sich nicht mit der Satzung von Eintracht Frankfurt e.V. vertrage. Könnten Sie mir bitte den entsprechenden Passus der Satzung nennen, der dies verbietet? Ich habe ihn nicht gefunden.
Es gebe in der AfD rassistische und menschenverachtende Tendenzen, sagen Sie. Könnten Sie mir bitte Ihre Definition von Rassismus erläutern? Wo hat sich die AfD in dieser Richtung geäußert? Und kommen Sie mir bitte nicht mit der Nachbarschaft zu Jerome Boateng!
Als Krönung Ihrer Verunglimpfung von 6 Millionen Wählern postulieren Sie einen der AfD inhärenten Antisemitismus mit Verweis auf das Verdikt von Eintrachtlern als „Juddebubbe“ .
Herr Fischer, in der AfD werden Eintracht-Mitglieder und -Fans jüdischen Glaubens dereinst die letzten Verteidiger finden, die sich dem wachsenden Antisemitismus, der in erster Linie von außen in unser Land strömt, entgegenstellen! Erinnern Sie sich an die Anti-Israel-Demonstration hier in unserem schönen, weltoffenen Frankfurt, bei der Parolen wie „Hamas! Hamas! Juden ins Gas!“ skandiert wurden? Dazu vernimmt man von Zeitgenossen wie Ihnen nur dröhnendes Schweigen! Das macht Sie extrem unglaubwürdig.
„Sport müsse politisch sein“, fordern Sie.
Nein, Herr Fischer, das muss er überhaupt nicht, das sollte er auch nicht!
Dieses linker Ideologie verhaftete Denken – das Private sei politisch – führt letztlich immer in einen totalitären gesellschaftlichen Anspruch über den Einzelnen als Privatperson. Was dabei herauskommt, kann man an der Gesellschaftsgeschichte der DDR, der UdSSR, Deutschlands zwischen 1933 und 1945 und andernorts studieren: Da darf der Einzelne dann nicht mehr diese oder jene Bücher lesen, Musik hören, Meinungen äußern und schon gar nicht regierungskritisch wählen.
Herr Fischer, Sie grenzen mit Ihren Forderungen an die „politische Hygiene“ von Eintracht-Anhängern unzählige Personen aus der Gemeinschaft aus, die genauso wie Sie die Eintracht lieben, aber legitimerweise politisch anders denken als Sie. Das nennt man im Übrigen Demokratie!
Hören Sie auf, sich in dieser Weise als Spalter der Eintracht-Gemeinschaft, ja der Gesellschaft als ganzer zu betätigen!
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Lobenstein
Kreissprecher AfD Frankfurt am Main